Systematic Review
Wie wirkt sich die Kommunikation von wissenschaftlichen Unsicherheiten auf das Vertrauen in Wissenschaft aus?
Unsicherheiten sind Teil des wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses, doch der Umgang damit kann Wissenschaftskommunikator*innen auch vor Herausforderungen stellen. Wie können wissenschaftliche Diskurse in ihrer ganzen Komplexität und trotzdem verständlich dargestellt werden? Wie reagiert das Publikum auf Unsicherheiten und Widersprüche und kann es mit Ambivalenzen umgehen?
Dass diese Fragen für die Wisskomm-Praxis von besonderer Relevanz sind, hat auch unsere Bedarfsanalyse gezeigt, die wir im Herbst 2022 durchgeführt haben. Fragen nach dem Umgang mit wissenschaftlichen Unsicherheiten und nach Faktoren, die das Vertrauen in Wissenschaft beeinflussen, wurden dabei besonders hoch priorisiert.
Die Transfer Unit hat deshalb den Forschungsstand zu der Frage analysiert, inwiefern sich die Kommunikation von Unsicherheiten auf Vertrauen in Wissenschaft auswirkt. Zur Beantwortung wurde ein Systematic Review durchgeführt. Dabei konnten 24 Studien identifiziert werden, die diese Frage bereits untersucht haben.
Unsere Analyse hat gezeigt:
- Die Kommunikation wissenschaftlicher Unsicherheiten wirkt sich tendenziell eher positiv auf das Vertrauen in die Wissenschaft aus.
- Vor allem langfristig kann damit ein differenzierter Blick auf die Wissenschaft gefördert werden.
- Es gibt jedoch Ausnahmesituationen und spezielle Rahmenbedingungen, bei denen die Kommunikation von Unsicherheiten besonders gründlich überdacht werden sollte.
- So können ein geringes Grundvertrauen in Wissenschaft, bestimmte politische Voreinstellungen und Interessenkonflikte dazu führen, dass sich die Kommunikation von Unsicherheiten nachteilig auf Vertrauen auswirkt.
- Da es auch Studien gibt, die keinen Zusammenhang zwischen der Kommunikation von Unsicherheiten und Vertrauen in Wissenschaft gefunden haben, sollte die Wirkung der Kommunikation von Unsicherheiten insgesamt nicht überschätzt werden.
Aus den analysierten Studien konnten auch Empfehlungen für den Umgang mit wissenschaftlichen Unsicherheiten abgeleitet werden:
Unsicherheiten kommunizieren: Wissenschaftliche Unsicherheiten sollten explizit und zeitnah angesprochen und verständlich dargestellt werden.
Gesellschaftliche Debatten begleiten: Der öffentliche Diskurs sollte sowohl aktiv als auch präventiv verfolgt werden, um mögliche Fehlinterpretationen direkt adressieren oder ihnen vorbeugen zu können.
Zielgruppen analysieren: Die persönliche Betroffenheit der Zielgruppe(n) (z. B. durch soziale oder ökonomische Unsicherheiten, bestimmte Voreinstellungen oder Interessen) sollte bei der Kommunikation berücksichtigt und sensibel gehandhabt werden.
Am 13.09.2023 hat die Transfer Unit zu einem digitalen Lunchtalk eingeladen, in dem die Autoren der Analyse, Andreas Scheu und Christian Schuster (BBAW), gemeinsam mit Josef Zens (GFZ) und dem Publikum über die Ergebnisse der Analyse und ihre Relevanz für die Wisskomm-Praxis diskutiert haben. Hier geht es zur Aufzeichnung der Veranstaltung:
Mehr zu den Zusammenhängen zwischen der Kommunikation von Unsicherheiten und dem Vertrauen in Wissenschaft können Sie im Systematic Review nachlesen. Weitere Empfehlungen für den Umgang mit Unsicherheiten in der Wissenschaftskommunikation finden Sie in unserem How To.
Systematic Review
Hier können Sie die vollständige Analyse herunterladen
How To
Hier finden Sie unsere Empfehlungen für den Umgang mit wissenschaftlichen Unsicherheiten
Infografik
Die Infografik fasst die Ergebnisse und Zusammenhänge des Systematic Review zusammen | Gestaltung: Daniela Leitner